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Kurzkonzept

In Marburg erfreuen sich derzeit allein im Kernstadtgebiet sechs Waldkindergartengruppen mit je ca. 20 Kindern großer und zunehmender Beliebtheit. Sechs weitere Wald- und Naturkindergärten befinden sich im näheren Einzugsgebiet. Auch viele andere Marburger Familien leben zunehmend naturorientiert und bewegen sich in ihrer Freizeit viel im natürlichen Raum.

Mit dem Schuleintritt fühlen sich viele Eltern mit dem Abbruch ihres bisher praktizierten pädagogischen Konzeptes konfrontiert und bewegungsfreudige Draußen-Kinder verbringen künftig viel Zeit innerhalb eines Klassenzimmers. Der Verein „Naturschule Marburg e.V.“ hat das Ziel, diesen Umstand mit der Gründung einer staatlich genehmigten Ersatzschule zu ändern. Unser besonderes pädagogisches Konzept fußt auf den Grundpfeilern „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ und „intrinsisch motiviertes, projektorientiertes Lernen“.

„Bildung für nachhaltige Entwicklung” denkt Bildung für eine Welt von Morgen, für die wir bewährte Techniken, aber vor allem neue Lösungen, also kreatives Denken und Handeln benötigen. Dabei spielt es eine wichtige Rolle, dass die Einzelnen die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt verstehen. Der Begriff Nachhaltigkeit beinhaltet in seiner heutigen Bedeutung die Beachtung der wechselseitigen Beeinflussung von Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Bildung, die hierzu befähigen soll, muss über die Vermittlung konkreter Fakten und Methoden hinausgehen.

Die 2015 beschlossene Agenda 2030 ist für alle Mitgliedsstaaten, also auch für Deutschland, verpflichtend. Das Kernstück bilden 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, kurz SDGs), die weltweit eine nachhaltige Entwicklung auf ökologischer, sozialer und ökonomischer Ebene sichern sollen. Laut Zielvorgabe 4.7 („Hochwertige Bildung“) ist sicherzustellen, „dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung“.

Die Naturschule Marburg geht dabei über das bisher dürftige Angebot einzelner, schnell vergessener Projekte hinaus und macht BNE zur absoluten Grundlage des Konzeptes. Und das nicht nur im Lernplan, sondern authentisch im gesamtinstitutionellen Ansatz: Nachhaltigkeitsaspekte werden z.B. in der Organisationsstruktur, beim Ressourcen- und Energieverbrauch, bei der Entsorgung von Abfällen oder bei der Schulverpflegung berücksichtigt.

Die Gründung der Naturschule ist auch auf regionaler Ebene ein Gewinn, da sie sich passgenau in die Zukunftsbilder der Nachhaltigkeitsstrategie Hessen (NHS) einfügt und vorlebt, wie die dazugehörigen neuesten Empfehlungen des Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) konsequent umgesetzt werden können.

„Nichts ist so beständig wie der Wandel.” Dieses Zitat von Heraklit ist heute aktueller denn je. Das Arbeitsleben und die Wissensgenerierung verändern sich vor allem durch die voranschreitende Digitalisierung und die Weiterentwicklung künstlicher Intelligenzen in hohem Tempo. Bei der Bildung unserer Kinder sollte der Schwerpunkt nicht mehr auf der Vermittlung von Faktenwissen liegen, das jederzeit und nahezu überall einfach abrufbar ist. Vielmehr muss Bildung eine Mündigkeit zum Ziel haben, die sich auf die Fähigkeit gründet, sich selbstständig relevante Bildungsbestände anzueignen und Quellen kritisch hinterfragen zu können. Anders als noch vor wenigen Generationen wissen wir heute nicht, wie die (Berufs-)welt in 20 oder 30 Jahren aussieht. Aber wir wissen, dass es Resilienz, Kreativität und ein starker innerer Antrieb sind, die unsere Kinder befähigen, ihren guten Platz darin zu finden.

Bildung verstehen wir dann als gelungen, wenn inwendig, durch überwiegend intrinsisches Interesse, Motivation und emotionale Beteiligung Weltbeziehungen entstehen. Die Naturschule Marburg versteht sich als offener Raum, in dem Menschen in ihrem Selbst wahrgenommen und gewürdigt werden und in dem sie sich selbstwirksam erleben und motiviert bleiben, die Welt zu entdecken, mitzugestalten und Anteil an ihr zu nehmen.

Die Schüler:innen werden an Entscheidungen beteiligt und erfahren die Wirksamkeit ihres eigenen Tuns. Sie erleben, was Gemeinschaft, Solidarität und Vielfalt bedeuten. Sie lernen, Verantwortung zu übernehmen, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, und finden den Mut, Dinge zu verändern.

Unsere Schule wollen wir nicht nur als einen Ort verstehen, an dem gelernt und vermittelt wird, sondern vor allem als einen Ort, an dem Menschen wichtige Lebenszeit verbringen und an dem sie sich entwickeln können. Da Kinder heutzutage häufig einen Großteil ihres Alltages in ihrer Einrichtung verbringen, achten wir darauf, den Kindern neben den projekt- und handlungsorientierten Lernzeiten ausreichend Zeit für freies Spiel zu lassen. Im Spiel üben Kinder aus eigenem Antrieb heraus mit Konzentration und Hingabe das, was in ihrer Entwicklung gerade Thema ist. Spielen fördert die gestalterischen, produktiven und empathischen Kräfte und kräftigt die Beziehung eines Menschen zu sich selbst, seiner Umgebung und seinen Mitmenschen. Als unmittelbarste und nachhaltigste Möglichkeit des sozialen Lernens und der Weltaneignung hat das freie Spiel nachweislich ein enormes Potential und einen festen, wertgeschätzten Platz in unserem Alltag (→ BNE-Teilziel Sozialkompetenz).

Die Naturschule Marburg bedient sich der Wald-, Natur- und Wildnispädagogik als Basis für das tägliche Lernen und Erleben und integriert dabei eine sinnvolle, zeitgemäße und zukunftsorientierte Beschulung.

Wir sind der Überzeugung, dass Menschen in der Natur einen idealen Raum zum Entfalten, Wachsen und Lernen vorfinden. Eine Kulisse aus natürlichen Geräuschen, Gerüchen, Farben und Oberflächen wirkt nachweislich stressmindernd und zentrierend, sowie anregend, ohne zu überreizen. Draußen können Menschen besser auf ihre individuellen Bedürfnisse achten und zeigen gleichzeitig ein besseres Sozialverhalten. So hallen z.B. Geräusche nicht von den Wänden wider und der Draußenraum ist durch Büsche und Bäume vielfältig strukturiert. Dadurch ist es gut umsetzbar, dass eine Gruppe in Kommunikation und Bewegung lernt, während ein anderes Kind sich eine ruhige Ecke sucht. Die Kooperationsfähigkeit und die empathische Wahrnehmung werden gestärkt und das Eskalationspotenzial in Konflikten gedämpft. Eine tägliche, zeitlich ausreichende Exposition zu direktem, natürlichem Tageslicht ist zudem essentiell für einen stabilen Schlaf-Wach-Rhythmus und eine gesunde Entwicklung der Augen. Naturaufenthalte tragen zum allgemeinen Wohlbefinden bei und schaffen so ideale Bedingungen zum Lernen. Nicht zuletzt bietet ein Alltag draußen zahlreiche Bewegungsanreize, die Menschen für ihre Gesundheit dringend benötigen.

Naturerfahrungen und das Lernen von, in und mit der Natur fördern auf einzigartige Weise Kreativität, Gesundheit, Sozialverhalten und Resilienz. Draußen lernen ist authentisch und konkret. Mit der Naturschule Marburg gehen wir gezielt über das Angebot einzelner Zeitfenster oder Projekte in der Natur hinaus und wollen einen naturverbundenen Lernort schaffen, an dem der Lernalltag überwiegend draußen und dabei in hohem Maße selbstbestimmt und kooperativ erlebt wird. Wir sehen die Naturschule Marburg als eine bereichernde Gemeinschaft, die in aktiver Zusammenarbeit mit anderen Bildungsorten der Region steht und als Vernetzungspunkt eine solidarische Gesellschaft fördert

Unser Vorgehen wird von einem Team der Philipps-Universität Marburg wissenschaftlich begleitet.

In einer Naturschule werden nicht einfach Tische und Bänke nach draußen gestellt. Die Methoden passen sich naturgemäß an jahreszeitliche Bedingungen an. So bieten sich etwa an einem heißen Sommertag vermehrt ruhige Arbeiten an einem Schattenplatz an und an kalten Wintertagen bewegungsintensive Methoden, wie etwa das Erschließen und Einüben von mathematischen Zusammenhängen in zuvor gemeinsam erstellten Hüpfkästchen. Eine natürliche Umgebung ist weitgehend DIN-Norm befreit und dadurch offen für abwechslungsreiche eigene Ideen und Gestaltungsmöglichkeiten. Ganz konkret lassen sich draußen z.B. naturwissenschaftliche (z.B. Erfahrungen mit Naturgesetzen) oder mathematische Fähigkeiten (z.B. Umgang mit Mengen) hervorragend fördern.

Studien zeigen, dass der Einbezug der Natur die schulische Leistung im Vergleich zu traditionellem „Unterricht” verbessert. Dabei stieg der Wissenszuwachs in Abhängigkeit von der Dauer und Regelmäßigkeit der in der Natur verbrachten Zeit an. Die Lernziele des hessischen Bildungsplans werden an unserer Schule berücksichtigt und in allen Belangen erreicht.

Das von uns gewünschte Modell hat eine kontinuierliche, täglich gezielt und gemeinschaftlich gelebte Naturverbindung zur Grundlage und unterscheidet sich damit wesentlich von der an einigen Schulen Marburgs bereits bestehenden Angeboten einzelner Zeitfenstern und Projekte in der Natur. „Rausgehen“ beschränkt sich bei uns aber nicht nur auf den Alltag in der Natur. Wir möchten weg von einer Schule als vom Rest der Gesellschaft separiertem Raum. Dafür nutzen wir auch passende städtische Umgebungen zum Lernen und suchen gezielt den Kontakt mit anderen Organisationen, Vereinen, Firmen, Werkstätten und Einzelpersonen. Authentisch von ihrer Sache begeisterte Menschen bieten die beste Inspirationsquelle.

Durch den ganzjährigen Draußenunterricht kann die Naturschule Marburg Inspiration und Erfahrungsquelle für Regelschulen sein, die Natur öfter als Klassenzimmer zu nutzen.

Die meisten Kinder und Jugendlichen verbringen in unserer heutigen Zeit zu große Teile ihres Lebens sitzend in Räumen. Der Raum draußen dagegen bietet vielfältige natürliche Bewegungsanreize und wirkt damit den zunehmenden gesundheitlichen, koordinativen und konditionellen Defiziten bei den Kindern entgegen. Inhalte, die in Verbindung mit Emotionen und körperlichen Erfahrungen wie z.B. Bewegungen erworben werden, werden zudem deutlich schneller und nachhaltiger verinnerlicht.

Auch viele Defizite in Bereichen wie Konzentrationsfähigkeit, Motivation und Selbstregulation, Schlafverhalten und Stresserleben, lassen sich auf einen Mangel an Aufenthalten in der freien Natur und einen Mangel an selbstbestimmtem, freiem Spielen zurückführen. Forschungsergebnisse aus  der Psychologie weisen auf die Wichtigkeit von Naturerfahrungen für eine gesunde psychische Entwicklung hin und belegen, dass Naturkontakte neben der Beziehung zu sich selbst und zu anderen ein Grundpfeiler für eine gesunde Entwicklung sind.

Kinder, die mehr Zeit in der Natur verbringen, sind nicht nur psychisch weniger belastet, sondern weisen auch ein gestärktes Selbstwertgefühl und mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten auf (Lirsch: 2015).

Menschen jeden Alters machen Erfahrungen und entwickeln sich, sind Lernende. Die Naturschule Marburg wünschen wir uns als einen Ort, an dem alle miteinander und voneinander lernen können. Zuständigen Erwachsenen kommt dabei die Rolle zu, verantwortlich einen Rahmen zu geben und zu halten. Dabei haben sie das Befinden und die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen im Blick und machen aktiv passende Angebote. Gleichzeitig wünschen wir uns eine gleichwertige Schulgemeinschaft, in der jede Person, die am Schulalltag vorder- oder hintergründig beteiligt ist, in ihrem Wert gesehen und geschätzt wird und sich einbringen kann.

Wir praktizieren ein gewaltfreies Miteinander basierend auf Austausch und Mitbestimmungsrechten, denn zukünftige Herausforderungen werden wir nur gemeinsam meistern können. Wir beziehen die Kinder anhand von Beteiligungsformen beispielsweise in die Raum- und Geländegestaltung mit ein, erfragen deren Vorschläge für die Gestaltung von Tagesabläufen und -strukturen oder erwägen ihre Wünsche für den Einsatz des Schulbudgets im Rahmen von Beschaffungen. Unsere Schüler:innen eignen sich auf diese Weise soziale, kulturelle und politische Grundkompetenzen an, die sie zu einer bewussten Lebensgestaltung und zur Teilhabe in der Gesellschaft befähigen.

Nachhaltig zu leben heißt, die Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten des Ganzen zu verstehen und in allem zu respektieren. Dazu gehört der achtsame und wertschätzende Umgang mit den Ressourcen der Umwelt ebenso wie mit unseren eigenen. Dieser impliziert eine wertschätzende und verbindende Kommunikation, die ohne vorschnelle Urteile und einseitige Bewertungen auskommt.

Jeder Mensch kann potentiell von den Stärken eines anderen lernen. Wir streben eine Inklusion von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen und gesellschaftlichen Hintergründen sowie geistigen und körperlichen Voraussetzungen an. Unsere Schule vertritt antirassistische, antikoloniale, genderneutrale und antidiskriminierende Grundsätze. Die Welt ist bunt.

Wir vertreten kein `romantisches Naturverständnis`, in dem Naturerfahrungen die Lösungen aller Probleme bergen. Mit einem realistischen Blick auf die Welt sind natürlich auch Aspekte wie Digitalisierung, Bildungsstandards oder das Zusammenspiel von ökonomischen, sozialen und ökologischen Aspekten bedeutsam. Gleichzeitig sehen wir in der Bereitstellung von täglichen Naturerfahrungen ein großes Potential zur Grundlage eines nachhaltigen Mitwelt-Verständnisses.

Die Tage an der Naturschule sind eingerahmt in einen Morgen- und einen Abschlusskreis als gemeinschaftsbildende, rahmengebende und organisatorische Struktur. Die Lernbegleitungen besprechen mit den Kindern selbstgesteckte und vorgegebene Lernziele und helfen bei der Strukturierung. Das intuitive Wissen der Kinder darüber, wo, wie, wann und mit wem sie individuell besonders gut lernen können, wird erhalten und als explizites Wissen herausgearbeitet.

In der Lernzeit werden Projekte und Ziele verfolgt. Hier kann einzeln oder in interessengeleitet zusammengefundenen, altersgemischten Gruppen gearbeitet und geübt werden. Lerninhalte sind sinnvoll in lebenswirkliche Kontexte eingebettet und werden durch ihre Verbindung mit verschiedenen Sinnen und Bewegungen nachhaltig verinnerlicht.  Die Lernbegleitungen beobachten die Kinder in ihrem Tun, nehmen Arbeitsweisen, Verhalten und Interessen wahr und sind für die Kinder jederzeit ansprechbar. Sie machen Angebote und geben Impulse. Sie entscheiden flexibel über Pausenzeiten und nehmen dabei Rücksicht auf die Selbsteinschätzung der Kinder.

Beispielhafter Stundenplan in der Anfangsphase und für die jüngeren Jahrgangsstufen.

Nach und nach planen wir, für ältere Kinder zwei verpflichtende Nachmittage in der Schulwoche zu etablieren, um größeren Projekten und weit entfernteren Kooperationen Raum und Zeit geben zu können. Zudem bauen wir die Nachmittagsbetreuung aus und bieten dann auch optionales Mittagessen an. Idealerweise verwerten wir dann selbst geerntete oder von der SoLawi bereitgestellte Lebensmittel in der Schulküche.

Unser zukünftiger Standort soll naturnah, aber verkehrsangebunden gelegen sein. Als Rückzugsort und Mittelpunkt wird eine beheizbare Behausung dienen, die im Idealfall entweder ohnehin schon steht oder ressourcenschonend und ohne Versieglung des Bodens erbaut werden kann.

 

Der Alltag der Schule findet hauptsächlich auf dem teilweise naturbelassenen und teilweise naturnah gestalteten Außengelände statt. Dieser Naturort bildet das Zentrum der Schule. Hier finden die Versammlungen, ein Großteil der Lernangebote, viele Projekte der Kinder, die Pausen (Freispiel- oder Rückzugszeit) und nach Möglichkeit auch die Mahlzeiten statt.

Bei gefährlichen Wetterlagen wie Sturm, Gewitter oder allzu hoher UV-Belastung wird auf Schutzräume ausgewichen.

Zusätzlich zum Alltag auf dem Außengelände der Naturschule Marburg ist ein wöchentlicher Waldtag fester Bestandteil des Schullebens. Dabei werden wenige feste Plätze immer wieder angesteuert. Zum einen ermöglicht dies eine Sicherung dieser Plätze durch Baumpflege. Zum anderen sind dadurch Gleichbleibendes und Vertrautes genauso wie Veränderungen im Jahreszyklus und Beobachtungen über einen längeren Zeitraum besonders eingängig erlebbar.

Die Naturschule Marburg legt Wert darauf, Gelingendes zu sehen und Potenziale zu vergrößern. Für die Ausbildung von Schlüsselkompetenzen wie Kreativität, Resilienz oder Durchhaltevermögen ist es außerdem besonders wichtig, dass das Lernen nicht ergebnis-, sondern prozessorientiert stattfindet. Das bedeutet, Herangehensweisen wie hartnäckiges Dranbleiben, sinnvoll und gezielt um Hilfe bitten oder gutes Nachdenken sind wichtiger, als ob das Ergebnis am Ende „richtig“ ist. Um nachzuvollziehen, wie ein Kind gedacht hat und was es bereits verstanden hat, und was nicht, sind Fehler die besten Helfer. Wir feiern deshalb Scheitern und Fehler als Analyse- und Gesprächsanlässe, anstatt sie anzustreichen und erhalten so den Mut der Kinder, sich an neue Herausforderungen zu wagen und weiter zu entwickeln. Um ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben führen zu können, ist es nötig, auf diese Weise mit Rückschlägen umgehen zu lernen.

Menschen sollten sich ihrer individuellen Stärken und Schwächen bewertungsunabhängig bewusst sein, um Zusammenarbeit sinnvoll und sinngebend gestalten zu können. In der Naturschule Marburg wird daher auf Noten verzichtet. Lernfortschritte, Zielsetzungen, Entwicklungsschritte und Herangehensweisen werden gemeinsam mit Kindern und Eltern regelmäßig besprochen. Die Entwicklung eines Kindes wird in Lerndokumentationen individuell erfasst und festgehalten. Dabei geht es auch um die Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls (das bin ich) und von Selbstvertrauen (das kann ich) sowie darum, Visionen (da will ich hin) zu formulieren und umzusetzen (so komme ich dahin).

Die Schulgemeinschaft reflektiert kontinuierlich und umfassend ihre Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse. Strukturen, Kommunikation, Beziehungen und Konflikte werden stetig hinterfragt. Wir leben die von uns priorisierte Fehlerkultur und korrigieren, wenn nötig, den von der Schulgemeinschaft beschrittenen Weg.

Wir gründen eine Schule in freier Trägerschaft. Träger ist der Verein „Naturschule Marburg e.V.”, der mit Schuleröffnung zu einem Elternverein werden soll. Der Verein ist gemeinnützig, arbeitet überkonfessionell und ist keiner politischen oder religiösen Richtung zugeordnet.

Die zu Anfang einzügige Schule wird die Klassenstufen 1 bis 6 der Grundschule umfassen und altersgemischt arbeiten.

Die Naturschule ist eine „Offene Ganztagsschule”. Wir streben mittelfristig eine Schüler:innenzahl von 36 bis 48 Kindern an, was einer Verteilung von etwa 6 bis 8 Schüler:innen pro Jahrgangsstufe entspricht. Die Schule öffnet um 7.30 Uhr. Eine optionale Betreuung bis 15:30 Uhr ist geplant. Die Ferienzeiten orientieren sich an den hessischen Schulferien.

Die Naturschule Marburg ist nicht-hierarchisch in verschiedenen miteinander vernetzten Kreisen organisiert. Die Organisation in kleinen Kreisgruppen vereinfacht eine Entscheidungsfindung anhand soziokratischer Methoden. Mindestens einmal im Monat findet ein übergeordneter Kreis statt: Jeder Einzelkreis entsendet eine:n oder mehrere Vertreter:innen zu einem gemeinsamen Austausch mit den anderen Kreisen. Gemeinsam werden die Vision der Schule und das große Ganze im Blick behalten, weiterentwickelt und mittel- bis langfristige Strategien erarbeitet, um Ideen umzusetzen.

Kinder im Grundschulalter und ihr Befinden können nicht unabhängig von den Eltern betrachtet werden. Vertrauen, Transparenz und der Einbezug der Eltern ist daher wichtig für einen gelungenen Schulalltag.

Die Schule wird von einem Elternverein getragen, der Mitbestimmung im organisatorischen und gestalterischen Rahmen ermöglicht. Das pädagogische Team veranstaltet regelmäßig Elternabende, um über das aktuelle Geschehen und Entwicklungen in der Gruppe sowie Pläne und beiderseitige Wünsche ins Gespräch zu kommen. Elterngespräche, in denen gezielt auf die Entwicklung des einzelnen Kindes und auf die konkreten Bedürfnisse und Sorgen der Eltern eingegangen werden, finden mindestens einmal pro Halbjahr und jederzeit bei akutem Bedarf statt. 

Wir sind offen für alle Menschen. Das wichtigste Aufnahmekriterium ist die Entscheidung des Kindes für die Schule und das Grundvertrauen der Eltern in die Fähigkeit ihrer Kinder. Eltern, die sich mit ihren Kindern für die Naturschule Marburg entscheiden, sind überzeugt davon, dass die selbstbestimmte Art und Weise des Lernens der Entwicklung ihres Kindes am besten gerecht wird. Die Eltern haben sich mit dem Konzept auseinandergesetzt und mit dem Leben an der Schule vertraut gemacht. Sie sind bereit, sich auf den intensiven Prozess gemeinsamen Wachsens einzulassen. Die Bereitschaft zum Dialog und zur Zusammenarbeit mit der Schule ist von großer Bedeutung. Auch bei der partizipativen Schulentwicklung schätzen wir die Perspektive der Eltern, die zwar meist auf die Erfahrung mit dem eigenen Kind verengt ist, die aber auch Erfahrungen aus anderen beruflichen und gesellschaftlichen Feldern in die Schule bringt.

Ein- bis zweimal im Jahr findet ein Tag der gemeinschaftlichen Pflege des von der Schule genutzten Geländes statt. Außerdem freuen wir uns über die Teilhabe und Unterstützung von Eltern nach ihrem Ermessen im Schulalltag. Dabei reichen die Möglichkeiten von der Organisation von Festen und Feiern, in der Öffentlichkeitsarbeit, der finanziellen Unterstützung, dem Zurverfügungstellen von handwerklichen, hauswirtschaftlichen und baulichen Fähigkeiten bis hin zur Mitgestaltung von Lernangeboten.

Ziel 1 der SGDs sieht vor, Armut in allen Formen und überall zu beenden. Gleichzeitig ist die Naturschule Marburg auf die unterstützende Finanzierung durch Schulgeld angewiesen, welches jedoch unserem solidarischen Prinzip entsprechen soll. Dabei orientiert sich die Naturschule Marburg an den häufig von Solidarischen Landwirtschaften erfolgreich durchgeführten „Bieterunden”. Mittel- bis langfristig plant die Naturschule Marburg außerdem einen Solidaritäts-Topf, der ein proaktives Zugehen auf einkommensschwache Familien ermöglichen soll mit dem Angebot, unsere Schule komplett ohne Schulgeld zu besuchen. Ergänzend zum Schulgeld legt der zugehörige Elternverein Mitgliedsbeiträge fest.

Unsere qualifizierten Lernbegleitungen weisen eine wissenschaftliche und pädagogische Ausbildung nach § 174 Abs. 1 HSchG nach. Bei der Berechnung des Einkommens, hat sich die Naturschule für ein Gehaltsmodell entschieden, welches angelehnt an die New-Pay- und New-Work-Modelle, eine transparente, partizipative und faire Gestaltung als Basis hat.

Unser Konzept zielt auf mündige, engagierte, sozial eingebettete junge Erwachsene mit solidem Handwerkszeug für eigene, gute Ideen, die der Fairness und dem Wohlbefinden in der Gemeinschaft nützen. Wir geben Naturverbindung und Unterstützung mit und sind gespannt, wie sie eine lebenswerte Zukunft umsetzen wollen!

Seid ihr dabei?

Dann werdet jetzt Fördermitglied mit einem Beitrag nach eigener Wahl oder lasst uns eine Spende zukommen!

 Die Schule muss aufgebaut und in den ersten drei Jahren komplett ohne staatliche Zuschüsse finanziert werden – gemeinsam schaffen wir das!

Du hast noch weitere Fragen zu unserem Konzept oder hättest gern noch detailliertere Informationen? Dann zögere nicht und melde dich bei uns! Schreib uns einfach eine Email oder nutze das Kontaktformular auf unserer Website. Wir freuen uns auf deine Anfrage und dein Feedback!

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